Mantelwellensperren im Amateurfunk -  So befreien Sie sich von Störungen

Wenn Ihr Antennenkabel zur unsichtbaren Gefahr wird

Kribbelt es bei der Bedienung der Station in den Fingern? Verbrennen Sie sich am Mikrofon die Lippen? Ändert sich das Stehwellenverhältnis beim Berühren der Stationsmasse und mit der Kabellänge? Verursachen Sie Störungen bei sich selbst und in der Nachbarschaft. Teilt Ihnen Ihr QSO-Partner mit: „Da ist HF mit auf der Modulation“? Dann sind Mantelwellen auf dem Antennenkabel die Ursache. Nicht nur Ihre Antenne, auch das Koaxialkabel strahlt!

Wenn die Antenne aus dem Takt gerät

Wenn eine symmetrische Antenne am Speisepunkt ohne ein Symmetrierglied mit einem (unsymmetrischen) Koaxialkabel direkt gespeist wird, kann es je nach Länge der Speiseleitung, sowie dem Verlauf und der Anordnung zum Strahler, Probleme mit Mantelwellen geben. Das ist der Grund, warum immer wieder eine möglichst rechtwinklig zum Strahler, senkrecht nach unten führende Speiseleitung empfohlen wird! Ansonsten kann ein davon stark abweichender Verlauf eine Einkopplung von Hochfrequenz auf den Abschirmmantel des Koaxialkabels verursachen. Auch die Abmessungen von Strahler und Speiseleitung zusammen können rein zufällig zu einer Resonanz des Gesamtsystems auf der Arbeitsfrequenz führen. In all diesen Fällen wird das Koaxialkabel mit seinem Abschirmmantel ein Teil der Antenne, infolgedessen auch die Masse der Station mit HF beaufschlagt ist.

Mantelwellensperre
Mantelwellensperre

Störungsfrei mit System - den wahren Ursachen auf der Spur

Bei dem Auftreten dieser Probleme wird heute üblicherweise zu einer Mantelwellensperre (im Folgenden MWSP) gegriffen. Mit ihrer Hilfe lassen sich die störenden Symptome meist auch zuverlässig und wirkungsvoll beseitigen. Dennoch sollte man sich fragen, was die eigentlichen Ursachen dieser Störungen sind. Dazu kann man vorerst als Erste Hilfe versuchsweise die Länge des speisenden Koaxialkabels verändern.

Die perfekte Kabellänge als Lösung

Die elektrischen λ/4-Längen (tatsächliche Länge mal Verkürzungsfaktor) und deren Resonanzen und ungeradzahlige Vielfache davon sind zu vermeiden. Sie forcieren das Problem Mantelwellen. Abhilfe schafft oftmals schon eine ideale, elektrische Kabellänge von λ/2 (oder Vielfachen davon) x Verkürzungsfaktor (v = 0,66). Diese elektrische Kabellänge überträgt zumindest die Verhältnisse vom Speisepunkt der Antenne im Verhältnis 1:1 an das untere Ende des Kabels. Das Kabel verändert im Gegensatz zu einer Länge von λ/4 und ungeradzahligen Vielfachen davon die Verhältnisse am unteren Ende der Speiseleitung nicht.

Mantelwellensperre

Die unzureichende Wirkung früherer Ansätze

Als es das große Angebot der vielseitig einsetzbaren Ferritmaterialien noch nicht gab, wurde eine „Kabelspule“ aus mehreren Windungen des speisenden Koaxialkabels, direkt vor dem Speisepunkt empfohlen. Aufgrund ihrer geringen Sperrinduktivität war deren Wirkung nur marginal und allenfalls auf den oberen KW-Bändern erkennbar. Auch die Einspeisedrossel nach W1JR, mit einer relativ geringen Windungszahl des Koaxialkabels auf einem Ferrit-Ringkern, erfüllt aus dem gleichen Grund nicht die Erwartungen auf den unteren Kurzwellenbändern.

Strom-BALUN statt Spannungs-BALUN

Ein herkömmlicher Spannungs-BALUN symmetriert lediglich die Spannungen und ist in Sachen Mantelwellen nicht brauchbar. Erst der Einsatz eines 1:1-Strom-BALUNs ist geeignet, die Gefahr von Mantelwellen von vornherein zu minimieren. Die echte (Strom-)Symmetrierung am Speisepunkt ist die erste Voraussetzung dafür, dass Mantelwellen gar nicht erst entstehen können. Erst dann sollte man im Nachgang das Einfügen einer Mantelwellensperre in Erwägung ziehen.

Die Evolution der Mantelwellensperre

Anfangs bestanden Mantelwellensperren aus auf ein Ende des Koaxialkabels, dicht an dicht, aufgefädelten Ferritringkernen hoher Permeabilität. Aktuell sind die Hersteller zu Ferritrohren und wegen der zu erwarteten Wärmeentwicklung zu Teflonkabeln übergegangen. Die Enden sind zum Einfügen in die Speiseleitung mit SO-239-Steckverbindungsanschlüssen ausgestattet. Das Ganze wird durch einen Schrumpfschlauch fixiert und zusammengehalten. Das Ferritmaterial dieser MWSP hat eine derart hohe Permeabilität, sodass selbst im 160-m-Band eine ausreichende Sperrdämpfung gewährleistet ist. Eine MWSP verhindert auch unerwünschte Resonanzen der Speiseleitung bzw. des gesamten Antennensystems aus Strahler und Speiseleitung.

Mantelwellensperre

Eine MWSP arbeitet als Absorber, in dem der Leistungsanteil, der auf die Mantelwelle entfällt, im Ferritmaterial „verbraten“ wird. Dieser Teil der Sendeleistung ist damit für die Abstrahlung verloren. Im Idealfall bleibt die MWSP kalt bzw. erwärmt sich nur wenig und erst nach längerer Betriebsdauer. Ist der Mantelwellenanteil sehr hoch, kann es zu einer extremen, schnellen Erhitzung kommen. Das ist ein Indiz, dafür, das etwas total daneben liegt. Dann ist es angesagt, sich auf die Suche nach der genauen Ursache zu machen, anstatt an den Symptomen „herumzudoktern“.

Oben oder unten - Wo wirkt die Sperre am besten?

Oben am Speisepunkt oder unten am Ausgang des Transceivers oder Antennentuners? Klar, oben am Speisepunkt. Schließlich wollen wir ja gerade die Speiseleitung frei von Mantelwellen bekommen. Fügen wir die MWSP unten an der Station ein, wirkt sie auf den ersten Blick zwar auch. Außer einer HF-freien Stationsmasse haben wir jedoch nichts gewonnen. Die Mantelwellen auf der Speiseleitung sind nämlich immer noch da. Dennoch fügen einige OM eine zweite MWSP am unteren, Stadion-seitigen Ende ein und belassen es dabei. Übrigens: Wenn ein Koaxialkabel auf dem Weg zum Speisepunkt der Antenne unter der Erde verlegt wird, ist die äußere Bedämpfung der Abschirmung gewollt und durchaus hilfreich. Es verhindert sowohl die Entstehung von Mantelwellen als auch die Einstrahlung von Störungen!

Die MWSP und ihre vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten

Ja, über die Mantelwellenunterdrückung hinaus, gibt es weitere, effektive Anwendungsbeispiele, in denen eine MWSP einen „guten Job“ machen kann.

Endfed-Antennen als Besonderheit

Nicht nur an streng symmetrisch gespeisten Drahtantennen wie Dipolen & Co. lässt sich mit einer MWSP etwas machen. Auch bei den beliebten Endfed-Antennen taucht das Problem mit den Mantelwellen verstärkt auf. Diese Halbwellenstrahler (und deren harmonische Vielfache davon) verstehen sich zwar als „Endgespeiste Dipole“, sind aber ähnlich der klassischen Fuchsantenne auch endgespeiste Langdrahtantennen definierter Länge. Bei dem einen geht alles ohne eine MWSP, weil zufällig die Länge der Speiseleitung und die Erdverhältnisse stimmen. Beim anderen braucht es zumindest oben am Masseanschluss des Ringkernübertragers einen sogenannten „Pigtail“ (kurzes Radial). Letztendlich braucht der dritte mindestens eine MWSP oben, in einem bestimmten Abstand zur Übertragereinheit in das Koaxialkabel eingefügt, um die Antenne in Sachen Mantelwellenfreiheit ans Laufen zu bekommen. Andere berichten sogar von einer zweiten MWSP am unteren Kabelende. In dieser Hinsicht bieten insbesondere Endfed-Antennen ein weites Betätigungsfeld für Versuche mit MWSP.

Mantelwellensperre
Mantelwellensperre

Wenn unsymmetrische Antennentuner mit HF versorgt werden

Der nächste Fall ist, jenseits von der Mantelwellenproblematik, etwas anders gelagert. So kann mit einer MWSP ein unsymmetrischer Antennentuner HF-mäßig „hochgelegt“ werden, indem man Transceiver und Antennentuner direkt mit einer MWSP verbindet. Die Zweidrahtleitung zur Antenne ist dann mit „einem Bein“ am einpoligen Ausgang des Tuners und mit dem anderen Leiter auf der einstigen Masse anzuschließen. Durch die MWSP symmetriert führt die Masse des Tuners jetzt aber die „volle HF“. Außer vielleicht im QRP-Betrieb ist das bei der Bedienung des Antennenkopplers ein Problem! Wegen der Berührungssicherheit vor der Hochspannung müsste der Antennenkoppler isoliert aufgebaut oder nachträglich modifiziert werden. Das geht im Prinzip auch mit einem unsymmetrischen Automatiktuner. Dann müssten aber die Versorgungsleitung für die Betriebsspannung und eine eventuell vorhandene Steuerleitung mit in die MWSP integriert werden.

MWSP im kampf gegen QRM

Wo Störungen, das lokale QRM, über den Kabelaußenmantel zum Empfänger gelangen, berichten zahlreiche OM von einem deutlich verringerten Störpegel, wenn eine MWSP vor dem Transceiver- oder Empfängereingang eingefügt ist.

Mantelwellensperre

Die perfekte MWSP - Bauformen und Einsatzmöglichkeiten

Beachten Sie bitte beim Stöbern in unserer Kategorie, dass MWSP im englischen Sprachraum als „Choke-Baluns“ bezeichnet werden. Alle Mantelwellensperren haben ein- und ausgangsseitig eine Impedanz von 50 Ω, also quasi ein Übersetzungsverhältnis von 1:1. In dieser Bauart sind sie sehr breitbandig und für den gesamten Kurzwellenbereich durchgängig geeignet.

Bei uns finden Sie zwei unterschiedliche Bauformen, allesamt aus eigener Fertigung: in Topfform, wetterfest vergossen oder in gestreckter Form, mit Ferritrohren auf einem Koaxialkabel, jeweils mit beidseitigen Anschlüssen in PL259/SO-239-Norm. Die erstere Bauform ist vorzugsweise zum Einschleifen direkt am Fußpunkt von Antennen gedacht. Die gestreckte „Kabelversion“ ist primär zum Einsatz innerhalb der Station ausgelegt. Bei witterungsgeschützter Montage ist auch eine Verwendung im Außenbereich möglich. An dieser Stelle ist sie für eine effektive Mantelwellenunterdrückung ohnehin am besten aufgehoben.

Ohne Versuche geht es nicht

Die MWSP beseitigt vorerst einmal die Symptome, jedoch nicht immer die Ursachen. Manchmal ist das Mantelwellenproblem, beispielsweise im Portabelbetrieb, auch nur von vorübergehender Natur. Mithilfe einer MWSP kann man erst einmal ohne Probleme im Portabelbetrieb funken. Dennoch sollte bei längerfristigen Aufbauten die Suche nach den Ursachen und deren Beseitigung weiter gehen – ohne eigene Versuche wäre es kein Amateurfunk!

November 2024, Alfred Klüß, DF2BC

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