Sporadic-E - Wenn die Luft plötzlich elektrisch wird!

Haben Sie auch schon einmal verwundert festgestellt, dass ihr Auto- oder das sogenannte Küchenradio, anstatt des üblichen Lokalradios, im UKW-Bereich ein vielsprachiges Musik- und Stimmengewirr wiedergibt, das ihren sonst immer gut empfangbaren Lieblingssender fast zur Seite drückt? Dann könnte es sein, dass es sich um Überreichweiten durch Sporadic-E handelt.

Faszinierendes Phänomen der Funkkommunikation

In den Sommermonaten Mai bis Juli/August kann man gelegentlich beobachten, dass im FM-Rundfunkband von 87,5 bis 108 MHz plötzlich Sender aus ganz Deutschland und dem umliegenden europäischen Ausland zu empfangen sind. Meistens treten diese seltenen Ausbreitungsbedingungen tagsüber am späten Vormittag, Nachmittag oder zum frühen Abend ein. Dann sind oftmals auch die Amateurfunkbänder 6 m, 4 m und 2 m von dieser besonderen Art der Überreichweiten betroffen. Bereits auf der Kurzwelle ab 25 MHz aufwärts, tritt dieses Phänomen auf, dass unvermittelt Stationen aus dem Bereich der toten Zone zu hören sind. Hier finden diese außergewöhnlichen Ausbreitungsbedingungen jedoch weniger Beachtung. Im UKW-Bereich, wo normalerweise keine derartigen Weitverbindungen möglich sind, wird die Sporadic-E genannte Anomalie der Ausbreitungsbedingungen von UKW-Amateuren für ein willkommenes DX genutzt. Aus Sicht der professionellen Funkdienste sowie der Rundfunkanbieter ist es lediglich eine störende Naturerscheinung, die den ungestörten Empfang in festgelegten Versorgungsbereichen und Frequenzrastern beeinträchtigt. Sporadic-E ist nicht zu verwechseln mit den Überreichweiten durch gelegentliche Inversionswetterlagen und dem Troposcatter, das einen jederzeit mehr oder weniger verfügbaren, üblichen DX-Ausbreitungsweg im UKW-Bereich bietet. Sporadic-E ist jedoch keine Betriebsart, sondern steht lediglich für eine Sonderform der Ausbreitungsbedingungen, über die im Grunde genommen jede Betriebsart möglich ist. Die übliche Betriebsart ist SSB, seltener kommen FM und CW zur Anwendung.

Geheimnisvolle Schichten im Himmel: Das Phänomen der Sporadic-E

Diese zusammenhängenden Begriffe hat H. J. Pietsch, DJ6HP, kurz und bündig einst in seinem Amateurfunklexikon[1] definiert: Die E-Schicht (Kennelly-Heaviside-Schicht) hat ihre maximale Elektronenkonzentration zwischen 110 und 140 km Höhe. In diesem Bereich tritt gelegentlich die sogenannte sporadische E-Schicht (Es-Schicht) auf, eine Abweichung vom üblichen Zustand der E-Schicht. Dabei kommt es in einem schmalen Höhenbereich der E-Schicht zu einer vielfachen Steigerung der Elektronenkonzentration gegenüber dem Normalzustand. Die Ausdehnung reicht lokal begrenzt von einigen Kilometern bis zu einer Ausdehnung von mehreren 100 Kilometern. Die Es-Schicht kann unvermittelt, vor allem bei Tage und im Sommer, auftreten. Dann kommt es zu Unregelmäßigkeiten der KW- und UKW-Ausbreitung, sodass an der Es-Schicht ionosphärische Reflexionen von der oberen Kurzwelle bis in den UKW-Bereich möglich sind.

Rothammels Antennenbuch[2] definiert Sporadic-E folgendermaßen: „Unter Sporadic-E (abgekürzt Es) versteht man Reflexionsschichten in Höhen von rund 100 km, die eine sehr hohe Ionenkonzentration besitzen und elektromagnetische Wellen reflektieren. Bei besonders hoher Ionisation werden Frequenzen von 50 bis 220 MHz reflektiert. Die Ausdehnung solcher Wolken kann vertikal bis 5 km und horizontal zwischen 10 bis 100 km betragen. Da das Auftreten dieser „elektronischen“ Wolken nicht vorhersagbar ist, also mehr oder weniger zufällig – also sporadisch geschieht, nennt man diese Ausbreitung Sporadic-E. Es ist ein typischer Sommerausbreitungsmodus.

Die Geheimnisse des Sonnenfleckenzyklus: Auf der Spur der Sporadic-E-Phänomene

Offensichtlich gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Sonnenfleckenzyklus und der Häufigkeit von Sporadic-E. In den Zeiträumen, in denen die magnetische Polarität der Sonne und der Erde übereinstimmt, sind Es-Aktivitäten besonders häufig. Darüber hinaus gibt es zur Entstehung von Es-Wolken aktuell keine handfeste Erklärung. In der Literatur werden unterschiedliche Theorien diskutiert. Als Ursachen kommen die Sonnenaktivität, der Eintrag von Metallen durch Meteorschauer oder vereinzelte Meteoriten, Höhenwinde oder der Einfluss von Gewittern in Frage[3].

Detaillierte Informationen zu Sonnenflecken und der Bedeutung der Sonnenaktivität für den Amateurfunk finden Sie in unserem Guide.

Maximale Reichweite mit minimalem Aufwand: Strategien, Ausrüstung und Betriebstechnik

Von einem exponierten Standort aus geht es mitunter sogar schon mit einem Handfunkgerät. Eine bereits ausreichende Stationsausrüstung für das 2-m-Band besteht aus einem UKW-Transceiver mit 10 W Ausgangsleistung und einem Rundstrahler oder besser noch einer 6-Element-Yagi. Jedes Mehr an Ausrüstung, Sendeleistung und Antennenaufwand erhöht selbstredend die Erfolgsaussichten. Zu diesen und folgenden Aspekten finden Sie diese und weitere hilfreiche Hinweise unter [4].

Für die Betriebstechnik gilt: Fasse Dich kurz! Denn wie lange die Verbindung aufrechterhalten bleibt, ist nicht abzusehen. Die Zeit der Öffnung kann von einigen Sekunden bis zu mehreren Stunden dauern. Oftmals weisen die Signale der lang anhaltenden Verbindungen ein starkes QSB auf. In der Regel sind die meisten Öffnungen jedoch nur recht kurz. Möglichst sollte man gar nicht, allenfalls nur ganz kurz CQ rufen. Nur wenn die DX-Station laut und deutlich zu hören ist, sollte man antworten. Ein schneller Wechsel von der Anruffrequenz erspart allen Beteiligten viel QRM. Das von den DX-Stationen erzeugte Pile-up ist problematisch. Es ist meistens sinnvoller, über das Band zu drehen und nach anderen DX-Stationen zu suchen, wo ein geringeres Pile-up herrscht.

Eine gute, an Sporadic-E angepasste Betriebstechnik ist wichtig: Zuhören, Mitschreiben und die Beobachtung des Clusters sind essenziell. Rufzeichen, RST und Locator, allenfalls noch der Name, langatmige Ausführungen zu weiteren Details sind nicht üblich. Immer sollte man sich vor Augen halten, dass Ausbreitungswege und Empfangszonen örtlich meistens sehr begrenzt sind. Somit können die Bedingungen einige 10 km völlig anders sein. Soll heißen, die DX-Station ist dort nicht – oder nur dort zu hören. Des Weiteren bleibt der Standort einer Es-Wolke nicht stationär. Infolge der Erdrotation wandert sie auf der nördlichen Hemisphäre stets in westlicher Richtung. Die maximalen Entfernungen liegen zwischen 1.200 und 2.200 km. Seltene Doppelsprünge können Sporadic-E-Verbindungen bis zu 3.500 km ermöglichen. Die Feldstärken reichen von „kurzzeitig so stark wie eine Lokalstation“ bis zu „fast nicht aufnehmbar“.

Erkennung von Sporadic-E und praktische Tipps für Funkamateure

Es gibt keine langfristige Vorhersage für das Auftreten dieses besonderen Ausbreitungsweges, da es sich um ein sporadisch auftretendes Phänomen handelt.

Um das Auftreten von Sporadic-E-Bedingungen überhaupt mitzubekommen, ist die Beobachtung des Clusters unerlässlich. Auch die Kontrolle der UKW-Rundfunkbänder ist ein wichtiger Indikator für das Auftreten von Sporadic-E. Jetzt noch zwei Tipps für den ambitionierten Sporadic-E-Jäger: Mithilfe des DX-Robot[5] aus den Niederlanden kann man sich auch einen 144-MHz-Sporadic-E-Alarm als SMS auf das Handy senden lassen. Des Weiteren gibt es unter [6] Infos zur Installation eines Sporadic-E DX Monitors mit automatischer Benachrichtigung.

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