FT8 Die digitale Evolution im Amateurfunk Ein Blick in die Zukunft
Digitale Revolution
im Amateurfunk
Eine digitale Signalverarbeitung macht es wesentlich einfacher, verrauschte Signale bei Ausbreitungsarten wie Meteorscatter und Erde-Mond-Erde-Funkbetrieb zu nutzen. Werden analoge Radiosignale in digitale Daten für die Verarbeitung in einem Computer umgewandelt, so entscheidet die Rechenvorschrift im PC über die Leistungsfähigkeit der Funkstrecke. Die Bedeutung von Antennengewinn und Funkgeräten nimmt ab.
Minimalismus in Perfektion
Übertragen werden die beiden Rufzeichen, beide Locator-Großfelder, je der Rapport in dB über Rauschen, und zum Schluss die QSO-Bestätigung mit RRR, RR73 oder 73.
FT8: Die Entwickler und ihre mathematischen Tricks für ultra-leise Signale
Benannt ist FT8 nach den Anfangsbuchstaben der Nachnamen der beiden Entwickler Steven Franke, K9AN, und Joe Taylor, K1JT, wobei die Zahl 8 die verwendete Anzahl der Sendesymbole (Frequenzen) bei der verwendeten Modulationsart, dem Gaussian Minimum Shift Keying (GMSK) mit 8 Symbolen, beschreibt. Passend wäre aber wohl auch Fourier-Transformation, denn die "Fast Fourier Transformation" FFT ist der mathematische Kniff, um extrem leise Signale noch aus dem Rauschen zu berechnen.
Dr. Joe Taylor:
Meister der leisen Funksignale und Nobelpreisträger für Gravitationswellen
Extrem leise Funksignale sind die Spezialität von Dr. Joe Taylor, der Methoden zur Auswertung von Signalen in der Radioastronomie entwickelt hat. Stundenlange Aufzeichnungen vom empfangenen Rauschen des Arecibo Weltraumteleskops in Puerto Rico mit einem Spiegeldurchmesser von 305 Metern wurden nachträglich im Labor der Princeton University mit Großrechnern bearbeitet und ausgewertet. Den Physiknobelpreis hat Joe Taylor für den Nachweis von Gravitationswellen im Funkspektrum von Quasaren bekommen, berechnet mit seinen Methoden zur Integration des Rauschens.
Vom Rauschen zur Klarheit: Die Magie der Fourier-Transformation
Die digitalisierten Tonaufnahmen werden mit der Mathematik der Fourier-Transformation vom Zeit- in den Frequenzraum umgerechnet und dann in schmalen Frequenzbereichen von nur wenigen Hertz aufaddiert. Dadurch wird das Rauschen über einen längeren Zeitraum gemittelt und man sieht plötzlich Unterschiede in den Amplituden der Frequenzbereiche.
Der heimische PC an der Funkstation arbeitet so, er wandelt die Töne oder nur das Rauschen aus dem Funkgerät in eine WAVE-Datei mit einer Länge von etwa 12 Sekunden um, in weniger als 2 Sekunden werden dann mit der Methode der Fast-Fourier-Transformation die Signale der Stationen aus dem Spektrum errechnet und dekodiert. Das kann man sich so vorstellen, dass ein Signal auf dem Oszilloskop, z.B. ein Sinuston, umgewandelt wird in einen Strich auf dem Spektrumanalysator. Zuerst hat man den Verlauf des Signals über die Zeit, dann das Spektrum und die Amplitude. Und integriert man diese zwei Informationen über die Zeit, so lassen sich diese extrem schwachen Signale noch aus dem Rauschen herausrechnen.
WSJT: Die Evolution der PC-Software im Amateurfunk von Joe Taylor
Mit WSJT hat Joe Taylor im Jahr 2005 die erste PC-Software entwickelt, zuerst für Betriebsarten bei Meteor-Scatter und EME, WSJT-X im Jahr 2010 hatte weitere Betriebsarten implementiert. 2017 kam dann FT8, es werden 13 Zeichen übertragen in einer Sendeperiode von 15 Sekunden mit einer Bandbreite des Signals von 50Hz. Im Jahre 2019 kam FT4 mit einer Zykluszeit von 7,5 Sekunden bei einer Bandbreite von 90Hz. FT8 benutzt 8 Töne, dies entspricht 3 Binärbits. Die Software ist Open Source, weitere Programme für den PC sind JTDX und MSHV.
FT8: Übertragung, Synchronisation und die Magie der Symbole
FT8-Übertragungen haben 77 Informationsbits, 14 CRC-Bits und 83 Paritätsbits, also insgesamt 174 Bits. Diese werden in Gray-Code umgewandelt und in Dreiergruppen zusammengesetzt, um 58 Symbole oder Töne zu erhalten. Addiert man die drei Costas-Arrays mit jeweils sieben Bits (insgesamt 21 Bits) für die Start- und Stopsynchronisation, ergibt sich, dass eine FT8-Nachricht 79 Symbole/Töne oder das Äquivalent von 237 Binärbits umfasst. Die Zeitdifferenz von Sender- und Empfängerstation darf maximal +/- 1 Sekunde betragen, sonst kann der Empfänger nicht mehr richtig auf das Signal des Senders einphasen.
Warum FT8 der Champion im Rauschfunk ist
Bei der Betriebsart SSB muss das Signal der Gegenstation etwa +10dB lauter sein als das Rauschen auf dem Band, um noch verständlich zu sein. Bei der Morsetelegrafie darf das Signal sogar leiser sein als das Rauschen, denn eine Veränderung im Rauschen kann ein guter CW-Funker noch hören. Bei -15dB unter Rauschen ist dann aber Schluss. Rechnen wir diesmal in die benötigte Sendeleistung um. Die Mathematik (der Logarithmus eines Spannungs- oder Leistungsverhältnisses) sparen wir uns, aber einige Werte sollte man im Kopf haben: +3dB ist die Verdoppelung der Sendeleistung, +6dB = 3dB + 3dB ist also die Vervierfachung der Leistung. +10dB ist die Verzehnfachung. Bei einem Minuszeichen vor dem Wert ist diese Zahl im Nenner, also -10dB entspricht einem Zehntel der Leistung. Es wird in der Dezibel-Welt immer nur addiert oder subtrahiert.
Wenn das SSB-Signal 10dB über Rauschen sein muss und das CW-Signal -15dB unter Rauschen leise sein darf, sind das 25dB Unterschied. Nehmen wir mal 26dB an, dann kann man rechnen: 10dB + 10dB + 6dB, oder als Leistung der Gegenstelle: 10 * 10 * 4. Bedeutet: Sendet die SSB-Station mit 400 Watt, um noch gerade verständlich zu sein, so erzeugt eine CW-Station mit 1 Watt ein Signal beim Empfänger, dass auch gerade noch mitgelesen werden kann. Jetzt versteht man, warum immer noch CW praktiziert wird.
Und FT8? Dort darf das Signal unterirdische -26 dB unter Rauschen sein, um gerade noch decodierbar zu sein. Statt des 400W-SSB-Signals reicht also eine um 36dB reduzierte Sendeleistung in FT8, nämlich 100mW. Deshalb nennt man FT8 auch den Rauschfunk.
Die Sonnenflecken-Maxima und ihre Auswirkungen
Da wir im Augenblick das nur alle 11 Jahre auftretende Maximum der Sonnenflecken erleben und deshalb manchmal tagsüber alle Kontinente zugleich hörbar sind, ist dann eine Richtantenne gar nicht so vorteilhaft. Rundstrahlende Antennen wie eine Groundplane oder die horizontal polarisierte Cobweb erlauben es im gleichen 15-Sekunden-Intervall, Stationen aus Afrika, Südamerika, Asien und Ozeanien zu hören und direkt hintereinander dann QSOs zu fahren. Die ganze Welt in 10 Minuten! Der Beam würde in solch einer Situation vieles einfach ausblenden.
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Die Kunst der Verbindung zwischen Funkgerät und PC
Im Prinzip kann jedes Funkgerät, das für SSB geeignet ist, auch für FT8 eingesetzt werden. Dann muss der Mikrofon-Eingang und der Lautsprecher-Ausgang des Funkgerätes mit der Soundkarte des PCs verbunden werden. Idealerweise über NF-Transformatoren, um Brummschleifen zu verhindern. Eleganter geht es aber mit modernen Kurzwellen-Transceivern, die eine CAT-Schnittstelle haben und darüber von WSJT-X fernbedient werden. Auch sollte der Transceiver eine eingebaute Soundkarte besitzen, dann können CAT-Kommandos und die Daten der TRX-Soundkarte über ein einziges USB-Kabel zwischen Funkgerät und PC übertragen werden. So kann dann das PC-Programm die darin gespeicherten FT8-Frequenzen wählen und fängt sofort mit dem Decodieren an.
FT8 auf dem Vormarsch
Die Betreiber der Webseite Clublog führen eine täglich aktualisierte Statistik, wie viele QSOs am Vortag in den Betriebsarten CW, SSB, RTTY, FT8, FT4 und andere gemeldet wurden.
Der Anteil der FT8-QSOs lag in den Jahren des Sonnenfleckenminimums ab 2018 bei bis zu 80 % aller Verbindungen, denn bei schlechten Bedingungen auf der kurzen Welle kann FT8 mit seiner unglaublichen Empfindlichkeit punkten. Im Sonnenfleckenmaximum 2024 beträgt der Anteil noch etwa 75 %, CW und SSB haben je einen Anteil von 10 % bis 12 %.
FT8-Leistung im Griff
Wie für alle anderen Dauerstrichbetriebsarten gilt auch hier die Regel, dass die maximale Leistung des Senders oder der Endstufe maximal ein Fünftel der PEP-Leistung betragen darf, für die der Tuner, das Koaxkabel oder die Antenne in SSB ausgelegt sind. Die Ansteuerung des Senders sollte mit einem Pegel erfolgen, bei dem die ALC des Senders gerade anfängt abzuregeln. Man wird sehr schnell merken, dass eine Sendeleistung von 10 bis 25 Watt für die meisten Verbindungen völlig ausreicht.
Etikette: Warum weniger manchmal mehr ist beim Senden
Wenn man es aufgrund einer leistungsfähigen Antennenanlage und einer dazu passenden Endstufe gewohnt ist, beim weltweiten Funkverkehr immer recht schnell gehört zu werden, so kann diese große Feldstärke am Empfangsort bei FT8 eher hinderlich sein. So kann die Software WSJT-X Stationen, die deutlich mehr Sendeleistung als notwendig nutzen, die also Pegel weit oberhalb von +5 oder +10dB erzeugen, einfach per wählbarem Parameter ignorieren. Dann hilft alles Rufen nichts, erst nach der Reduktion der Sendeleistung kommt man an die Reihe.